"Ich bin Mitglied, weil ehrenamtliches Engagement gebraucht wird."

Psoriasis verläuft sehr individuell. Das PSO Magazin sprach mit Hartmut Junge (64) aus Hamburg. Die ersten Hauterscheinungen traten bei ihm mit Mitte 20 auf. Damals hatte er gerade einen Umzug und einen Berufswechsel hinter sich und steckte in einer berufsbegleitenden Umschulung. Dass Stress der Auslöser für seine Psoriasis war, erkannte der Immobilienkaufmann erst viele Jahre später.

Meine Psoriasis wurde durch Stress ausgelöst - Da bin ich mir heute sicher. 1982 habe ich die Berufs-Branche gewechselt und bin nach Hamburg gezogen. Parallel zum Branchenwechsel habe ich zu Beginn 1983 die Weiterbildung mit Abschluss zum Immobilienwirt absolviert. Das war Leistungsdruck – offensichtlich zu viel für mich. Aber ich war jung und habe nur gedacht: „Ich bin halt sehr belastet, deshalb eben oft genervt und daher kommen auch diese Depri-Phasen ab und zu“. Mit meinem heutigen Wissen über die Psoriasis weiß ich, dass Stress die Psoriasis auslösen und verschlimmern kann und dass Depression eine Begleiterkrankung der Psoriasis ist. Ich hätte das behandeln lassen sollen.

Damals habe ich alles verdrängt, was mit meiner Gesundheit zusammenhängt. In Sachen Selbstfürsorge war ich ziemlich schlecht. Erste kleine Stellen an der Haut hatte ich wahrscheinlich schon ein bis zwei Jahre, bevor die Psoriasis 1983 richtig ausbrach. Die habe ich aber gar nicht so wahrgenommen. Das war die Zeit, als bei mir beruflich, familiär und örtlich alles neu startete. Einige Zeit später ging es dann richtig los an den Armen, Knien und Ellenbogen. Nach etwa zwei Jahren wurde es extrem. Ich hatte Psoriasis am ganzen Körper, auch an den Händen, am Haaransatz und leider auch im Gesicht.

Die Haut war sehr schuppig. Auch wenn ich sie gut eingecremt hatte, spannte und juckte sie. Durch das dauernde Kratzen fand man fast in der ganzen Wohnung Hautschuppen und dazu gab es im Bett kleine Blutspuren. Ich ging dann endlich zum Dermatologen um die Ecke. Der war auf dem Gebiet Psoriasis leider ziemlich unwissend. Er verschrieb mir Salben. Irgendwann hatte sich mein Dermatologe dann eine Lichtkabine zugelegt, somit bekam ich auch Lichtbehandlung – monatelang.

Geredet habe ich über meine Erkrankung nicht – nicht einmal mit meiner Frau. Da war eine totale Blockade. Ich wollte die Psoriasis nicht haben und ich wollte auch nicht über sie reden! Informiert habe ich mich über die Erkrankung auch nicht. Als ich dann 1989 zu einem anderen Dermatologen gekommen bin, lag das nicht daran, dass ich mich aktiv umorientieren wollte, sondern weil der alte seine Praxis aufgegeben hat. Der Neue verschrieb mir Fumarsäureester. Das schlug super an und ich war glücklich. Doch schnell verschlechterten sich meine Blutwerte, so dass ich diese Therapie wieder absetzen musste. Danach gab es wieder nur Salben. Das war sehr frustrierend für mich.

Einige Jahre später habe ich dann nochmal den Dermatologen gewechselt. Der sagte mir, dass es inzwischen eine modernere Variante der Fumarsäureestertherapie geben würde und ich es noch einmal versuchen sollte. Dieses Mal klappte es. Die Haut wurde deutlich besser.

In der Zwischenzeit änderte sich meine Blockadehaltung gegenüber der Psoriasis ein bisschen. Das passierte vor allem durch die Geburt meiner zweiten Tochter. Inken hatte schon als Säugling Psoriasis-Plaques auf der Haut. Ich habe meiner Tochter die Psoriasis vererbt. Da begann das innere Gewissen zu rotieren.

Doch zum aktiven, offenen Umgang mit meiner eigenen Erkrankung führte das trotzdem lange noch nicht. Ich habe weiter Fumarsäureester genommen – fast 20 Jahre lang. Nur einige kleine Plaques waren geblieben.

Auch Inken hat in ihren Kinder- und Jugendjahren die ganze Salben-Arie durchlaufen. Neben der Psoriasis litt Inken auch an Asthmaschüben und war deshalb öfter zur Kur. Sie war jemand, die sich besser um sich selbst kümmerte. Als sie 20 Jahre alt war, ging sie zum Jugendcamp des Deutschen Psoriasis Bundes und kam ganz begeistert und gut informiert zurück. Sie suchte sich eine Spezialklinik für Psoriasis und begann eine Biologika-Therapie. Von da an hatte sie Ruhe mit der Psoriasis. Sie engagierte sich auch als Jugendmentorin im DPB, denn sie wollte anderen Jugendlichen ihre Erfahrungen weitergeben. Inken hat es vorgemacht, wie es laufen sollte.

Für mich ging es in Sachen Psoriasis-Therapie 2018 einen Schritt weiter. Wie schon vormals war wieder die Praxisschließung meines behandelnden Dermatologen der Grund. Der neue Dermatologe empfahl mir eine Umstellung von Fumarsäureester auf ein moderneres Medikament, gegebenenfalls sogar auf ein Biologikum. Laut Leitlinie mussten damals die als Erstlinientherapie vorgesehenen Medikamente probiert werden, bevor ein Biologikum verordnet werden konnte. Ich bekam zunächst Methotrexat und dann Apremilast. Diese vertrug ich beide nicht. Danach erhielt ich ein Biologikum mit dem Wirkstoff Brodalumab. Die Wirkung setzte total schnell ein. Ich hatte eine Heilung am ganzen Körper von 95 Prozent. Man sah also praktisch nichts mehr.

Angeregt durch Inken habe ich mich dann doch zum ersten Mal aktiv auf die Suche nach einer Spezialeinrichtung für Psoriasis gemacht. Denn inzwischen hatte ich Schmerzen an Gelenken (vornehmlich Fingergelenken) bekommen. Alle untersuchenden Ärztinnen und Ärzte hielten sie für Arthrose.

Ich musste wirklich täglich Schmerzmittel nehmen, um auch beruflich klarzukommen – Ibuprofen 800. Dank Inken wusste ich, dass das Universitätsklinikum Eppendorf eine Spezialambulanz für Psoriasis hat. Dort bekam ich einen Termin und wurde auf ein anderes Biologikum umgestellt, das gleichzeitig auch für die Behandlung von Psoriasis-Arthritis zugelassen ist. Es hat den Wirkstoff Adalimumab. Seitdem habe ich Ruhe an Haut und auch die Gelenkschmerzen sind gelindert.

Längst bin ich auch Mitglied im DPB geworden und engagiere mich seit 2020 als Kontaktperson ehrenamtlich. Es ist für mich wirklich wichtig geworden, anderen zu helfen und über die Psoriasis richtig aufzuklären. Auf den Zusammenhang mit Begleiterkrankungen wie Depression muss wirklich mehr hingewiesen werden.

Interview entnommen aus dem PSO Magazin 5/2022